Stellungnahme des V18 zum Entwurf einer Verordnung zur Einführung einer Ersatzbaustoffverordnung, zur Neufassung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung und zur Änderung der Deponieverordnung und der Gewerbeabfallverordnung (sog. Mantelverordnung)

· Gemeinsame Stellungnahme mit dem VUP (08.09.2020)

Der Verein „V18 – Vereinigung der Sachverständigen und Untersuchungsstellen nach §18 BBodSchG e.V.“ hält es für ein gravierendes Defizit des Referentenentwurfes, dass für die Probenahme kein Kompetenznachweis (Akkreditierung oder Notifizierung) verlangt wird.

Staatssekretäre der Umweltministerien in Bund und Ländern
Gemeinsamer Appell zur Mantelverordnung (Ersatzbaustoffe (Drs. 566/17))

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit großer Sorge verfolgen wir die Beratungen zur Mantelverordnung (Drs. 566/17) im Vorfeld der Unterausschusssitzung des Umweltausschusses im Bundesrat in dieser Woche. Die neuen (Global-) Anträge zur Ersatzbaustoff- (EBV) sowie Einzelanträge zur Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) veranlassen Experten und Sachverständige aus Probenahme und Analytik im Feststoffbereich (u.a. aus den Verbänden VUP, V18 und ITVA) zu folgender (erneuter) Stellungnahme und Kritik:

1.
Eine ordnungsgemäße, fachlich kompetente und unabhängige Probenahme ist essenzielle Voraussetzung für ein valides Analyseergebnis – und damit für die sichere Verwendung von mineralischen Ersatzbaustoffen. Mit den neuen (Global-)Anträgen zur EBV sowie zur BBodSchV, insbesondere durch die beabsichtigten Änderungen der §8 Abs. (1),(2) und §14 Abs. (1),(2) EBV sowie §19 Abs. (1) BBodSchV wird dieses grundlegende fachliche Prinzip unterlaufen und eine Qualitäts-, Kompetenz- und Unabhängigkeitsdiskrepanz zwischen zentralen Teilen der MantelV provoziert. Wird an diesen zentralen Stellen nivelliert und eine „Zweiklassen-Probenahme“ zugelassen, sind somit der Vollzug sowie zentrale Schutzvorstellungen der Mantelverordnung gefährdet!

Sowohl die Probenahme als auch die sich anschließende Analytik müssen auf einheitlichem Niveau qualifiziert und qualitätsgesichert erfolgen! Probenahme und Analytik müssen dabei nicht zwangsläufig durch ein und dieselbe Untersuchungsstelle durchgeführt werden. Für Boden- oder Aushubuntersuchungen ist eine Aufgabenteilung zwischen Probenahme (Gutachter) und Untersuchungsstelle (Analytik) funktionierende Praxis. Probenahme und Analytik müssen allerdings im Sinne einer Qualitäts- und Verantwortungseinheit aufeinander bezogen durchgeführt werden. In der Regel wird diese Einheit durch eine Akkreditierung (oder ggfs. auch „Notifizierung“) der Probenahme und Analytik gewährleistet. Alternativ kann auch die qualitätsgesicherte An- und Einbindung der Probenehmer an eine Untersuchungsstelle erfolgen, wie dies z.B. im Bereich der Trinkwasserverordnung bereits seit Jahren praktiziert wird.

2.
Das mit der MantelV eigentlich angestrebte und richtige Harmonisierungsziel wird auf eklatante Weise unterlaufen, wenn die Anforderungen an Probenahme in der EBV sich von denen der BBodSchV unterscheiden. Bei Bodenmaterial beispielsweise, das ausgehoben oder abgeschoben wird, ist doch zunächst nicht die Frage nach dem Verwendungszweck bzw. der unterliegenden Rechtsverordnung zu stellen, sondern das Ergebnis von (ggfs. Vorerkundung), Probenahme und Analytik entscheidet darüber, welcher Verwertungspfad offensteht. Die nun scheinbar konsentierten §14 Abs. (1), (2) EBV werden dazu führen, dass dasselbe Haufwerk an Bodenmaterial einmal einer notifizierten, dann wieder „nur“ (wenn überhaupt) einer akkreditierten Probenahme unterliegen kann – und damit den Untersuchungsverpflichteten Doppelaufwand und Verzögerungen drohen. Deshalb kann und darf es gerade hier keine „künstlichen“ und nivellierenden Differenzierungen geben, was Qualifikation, Kompetenz und Akkreditierung bzw. Zulassung der probenehmenden und analysierenden Untersuchungsstellen anbetrifft!

3.
Vor allem die in § 8 Abs. (1),(2) EBV nun scheinbar konsentierten Kompetenzvorgaben für die Probenahme, die z.T. auch für die Untersuchung von unaufbereitetem Baggergut und Bodenmaterial nach § 14 Abs. (2) EBV gelten sollen, schaffen keine Rechtsklarheit und bringen die versuchten Qualitätsnivellierungen besonders eklatant zum Ausdruck.

Zunächst muss klar ersichtlich werden, welche der notwendigen Untersuchungen (Probenahme und Analytik) von welchen Stellen, unter welchen Qualitäts- und Zulassungsbedingungen durchgeführt werden. § 8 Abs. (1), (2) EBV leisten dies (weiterhin) nicht! Im Gegenteil, sie eröffnen durch die ausschließliche Bezugnahme auf die probenehmende Person einer unabgestimmten und unqualifizierten Probenahme Tür und Tor! Es ist gerade aus Perspektive der analysierenden Untersuchungsstellen schwer vermittel- und vorstellbar, dafür die Verantwortung übernehmen zu können. Dies vor allem auch deshalb, weil aus maßgeblichen Behörden Rechtspositionen zu vernehmen sind, dass die analysierenden Untersuchungsstellen mit der Annahme „unqualifizierter Probenahmen“ ihre eigene Akkreditierung und damit Marktstellung in Gefahr bringen!

Abgelehnt wird hinsichtlich der absehbaren Änderungen des §8 Abs.(2) EBV auch und vor allem, dass im Rahmen der werkseigenen Produktionskontrolle (WEP) gem. §6 EBV nur noch die „Sachkunde“ eines Probenehmenden ausreichend sein soll, die dann von Untersuchungsstellen und/oder „Fachkundigen“ – wie auch immer - zu bestätigen ist. Die Probenehmenden müssen entweder aus einer qualifizierten Stelle selbst (wie eigentlich §6 EBV in Verbindung mit §2, Definition „Untersuchungsstelle“ vorgibt) oder zumindest in das Qualitätsmanagementsystem einer derartigen Stelle eingebunden sein (siehe oben, Pkt.1). Warum gerade dieser Teil der Güteüberwachung zudem nicht dem wichtigen Prinzip der
Unabhängigkeit der Probenahme Rechnung tragen soll (wie aus der Begründung des Mehrländerantrages von BW-BY-BE-NW-ST-SH-neu vom 03.09.2020 „expressis verbis“ her-vorgeht), erschließt sich für uns fachlich überhaupt nicht!

4.
Zusammenfassend fordern wir die Bundesländer eindringlich auf, diese Untergrabungsversuche hinsichtlich einer ordnungsgemäßen, fachlich kompetenten und unabhängigen Probenahme (wieder) einzustellen! Wir sprechen uns deshalb – durchgängig für die MantelV – für das hohe Qualitäts- und Zulassungsniveau der BBodSchV aus, wie es insbesondere durch §19 Abs. (1) RegE BBodSchV (Drs. 566/17) zum Ausdruck kommt!

Mit freundlichen Grüßen

Anton Blöth
Sprecher der VUP-Geschäftsführung

Im Namen von:

Arthur Hofmann
Präsident
VUP - Deutscher Verband Unabhängiger Prüflaboratorien e.V.

Klaus Bücherl
Vorsitzender
V18 - Vereinigung der Sachverständigen und Untersuchungsstellen nach §18 BBodSchG e.V.

Dr. Frank Küchler
Mitglied im ITVA - Ingenieurtechnischer Verband für Altlastenmanagement und Flächenrecycling e.V.